DIE LINKE./Piraten beantragt die Schaffung eines Arbeitskreises Nahverkehr/Mobilität

Kreistagsfrakton DIE LINKE./Piraten

Die Kreistagsfraktion DIE LINKE./Piraten beantragt mit ihrem Schreiben an den Landrat vom 28. Februar 2017 die Schaffung eines Arbeitskreises (AK) Nahverkehr/ Mobilität bestehend aus NPH, ÖPNV, paritätischem Wohlfahrtsverband, dem Runden Tisch für Armut, Politik und Verwaltung sowie anderer wichtiger Institutionen mit dem Ziel:

1. „Mehr Menschen zum Umstieg vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel zu bewegen und auch Menschen mitzunehmen, die sich kein Auto leisten können. Den öffentliche Nahverkehr so zu gestalten, dass dieser flächendeckender, besser und billiger wird und der Tarifdschungel entwirrt werden kann.“

2. Kurzfristiges Ziel des Arbeitskreises muss sein: „Menschen mit geringem Einkommen durch die Einführung eines *Sozialticket/ Mobilitätspass*, gestaffelt ausgerichtet am Einkommen, am öffentlichen Nahverkehr teilhaben zu lassen und somit die Daseinsvorsorge im Sinne einer Mobilitätssicherung aller Bevölkerungsgruppen zu gewährleisten.“

3. Langfristiges Ziel des Arbeitskreises muss sein: „Das Klimaschutzkonzept (KSK) des Kreises Paderborn auf diesem Gebiet umzusetzen und den öffentlichen Personennahverkehr so umzugestalten, dass alle Menschen die Möglichkeit erhalten, umweltfreundlich und kostenlos den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen - die Einführung des fahrscheinlosen Nahverkehrs, "Fahrscheinloser ÖPNV".


Begründung:


1. Durch den öffentlichen Nahverkehr ist die Mobilität im Kreis Paderborn für viele BürgerInnen sicher gestellt und eine Teilhabe am öffentlichen Leben möglich. Für den Personenkreis, der den öffentlichen Verkehr aufgrund seiner finanziellen Lage nur in geringem Maße nutzen kann, besteht allerdings eine sehr begrenzte  Nutzung dieses Angebots. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass der ÖPNV ein öffentliches Gut ist, das nicht etwa der Gewinnmaximierung, sondern dem Wohle der gesamten Gesellschaft dienen soll.


2. Ein Sozialticket/ Mobilitätspass, dass in verschiedenen Formen bereits in vielen Orten Deutschlands (z.B.: Kreis Unna, Stadt Detmold etc.) erfolgreich eingeführt wurde, lohnt sich aus den folgenden zwei Gründen:

2.1. Der Umsetzung der vom Kreis im Rahmen des Klimaschutzkonzeptes eigens gesetzten Ziele.

2.2. Des großen sozialen Mehrwertes durch effiziente Nutzung der vorhandenen Kapazitäten.


Zu Punkt 2.1.
Das Problem von oft veralteten und hochgradig unökologischen Pkw's als Hauptbeförderungsmittel betrifft den Kreis Paderborn, der durch weitgehend ländliche Strukturen geprägt ist, in besonderem Maße. So verursacht der "Motorisierte Individual Verkehr" (MIV) im Kreis Paderborn ca. 59% der gesamten CO2 Emissionen des Verkehrs. Dabei ist der Stickoxidausstoß noch nicht berücksichtigt.

Ein bedarfsgerechtes (und somit für alle bezahlbares) Angebot des ÖPNVs stellt eine nachhaltige Alternative dar und ist eines der im KSK gesetzten Ziele. Des weiteren nimmt die Verlagerung von Pkw-Fahrten auf den ÖPNV einen wichtigen Bestandteil des im KSK formulierten Handlungsfeldes Mobilität ein und hat Priorität vor dem Ersatz des aktuell genutzten MIV's durch emissionsarme Fahrzeuge (z.B.: Elektroautos, deren kostenintensive Anschaffung hohe Bezuschussung erfordert). Dies ist im Sinne der Effizienzsteigerung, da der ÖPNV ein hohes, bisher nicht konsequent ausgenutztes Emissionseinsparungspotential birgt.
(Quelle: KSK 2011, S.71/72)


Zu Punkt 2.2.
Zweck des Öffentlichen Verkehrs:

a) Der NPH stellte seinen Verantwortungsbereich 2012 im Rahmen eines Workshops zum KSK folgendermaßen dar:
-Daseinsvorsorge im Sinne einer Mobilitätssicherung aller Bevölkerungsgruppen
-Gesamtgesellschaftliche, volkswirtschaftliche, verkehrspolitische und ökologische Mehrwerte (Quelle: Workshop zum KSK 2012)
Dies ist mittels der aktuellen Tarife nicht gegeben. Somit ist beispielsweise die Mobilität eines ALG II Empfängers durch das bestehende Angebot des ÖPNVs nicht gesichert. Ein Mobilitätsanteil von 25,45 € macht eine regelmäßige und bedarfsgerechte Nutzung des öffentlichen Verkehrs unmöglich.

b) Kapazitäten und finanzielle Auswirkungen eines Sozialtickets bzw. Mobilitätspasses.

Die durchschnittliche Auslastung der Linienbusse liegt im Kreis bei ca. 20% (Workshop NPH 2012). Eine höhere Auslastung der Fahrten durch günstigeren Zugang für finanziell eingeschränkte Personengruppen ermöglicht soziale und ökologische Vorteile für die Gesellschaft. Die ohnehin anfallenden Fixkosten der Fahrten werden effizienter verteilt, während die zusätzlichen Kosten pro Fahrt durch eine höhere Fahrgastanzahl kaum ins Gewicht fallen. An dieser Stelle muss berücksichtigt werden, dass die Anzahl der NutzerInnen des ÖPNVs durch das Sozialticket/ Mobilitätspass steigt und damit auch die Einnahmen für den Verkehrsträger. In den Berechnungen der möglichen Mindereinnahmen wird davon ausgegangen, dass jedes ausgegebene Ticket einen Verlust der Verkehrsbetriebe darstellt (DS-Nr.: 15.0465/1). Diese Berechnung widerspricht jeder Logik.


3. Durch die Einführung des Fahrscheinlosen  Nahverkehrs, finanziert über eine Abgabe aller Einwohner im Kreis bzw.  einer landes- und/oder bundesweiten Abgabe für ganz NRW bzw. Bund können Co² und Stickoxide in erheblichen Maße reduziert werden. Dies wiederum hat dann einen positiven Einfluss auf die Gesundheit von Mensch und Natur.“


Die Zukunft des Verkehrs liegt in der Vernetzung der einzelnen Verkehrsträger, der ÖPNV muss individueller und flexibler werden. Wege zu Fuß, mit dem Rad/ E-Bikes oder mit dem PKW (privat oder Car-Sharing) sind mit Bussen und Bahnen so zuverknüpfen, dass sie für den Nutzer komfortabel und mit kurzen Wegen verbunden sind. Dazu müssen wir in Zukunft in den Städten und in den Stadteilzentren Mobilitäts-Zentren oder Mobilitäts-Stationen aufbauen. Was in den Städten noch gut umsetzbar ist, stößt im ländlichen Raum doch schnell an ökonomische und ökologische Grenzen. Die Wege im ländlichen Raum sind deutlich länger, die Zahl der Nutzer ist, auf den meisten Strecken, deutlich geringer. Hier wird der private PKW, neben Bürgerbussen und Sammeltaxen, auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Ziel muss daher sein, Fahrten, die mit einem privaten PKW stattfinden, auch für andere Menschen nutzbar zu machen. Dies könnte mit einer Verknüpfung von Navigationsgeräten und Smartphones über ein Internetportal gelingen.

Es kann kein Grundrecht auf ein eigenes Auto und entsprechende Parkmöglichkeiten geben, aber ein Grundrecht auf Mobilität. Soziale Gerechtigkeit besteht nicht darin, das Jeder  ähnlich viel wie der Andere besitzt, sondern vielmehr darin, dass man teilt und dabei Umwelt und Ressourcen schont.

Gez.: Siegfried Nowak, Sabine Martiny

         für die Kreistagsfraktion DIE LINKE./Piraten