Offener Brief an den Bürgermeister zur kommunalen Verantwortung in der Tarifrunde TVöD im Sozial- und Erziehungsdienst 2015

Linksfraktion Bad Lippspringe, Dieter Bursch

Folgende Aufforderung richten wir freundlichst an den Bürgermeister Andreas Bee:

 

Der Bürgermeister unterstützt aktiv die Forderungen der streikenden KollegInnen im Sozial- und Erziehungsdienst der Gewerkschaften GEW und VER.DI. Er spricht den Streikenden offiziell seine Unterstützung aus und macht aktiv seinen Einfluss auf die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltend, damit der Verband ein tragfähiges Angebot in den laufenden Tarifverhandlungen vorlegt, das die Situation der Beschäftigten deutlich verbessert.

Der Bürgermeister der Stadt Bad Lippspringe als oberster Vertreter des kommunalen Trägers bedankt sich für das Engagement der MitarbeiterInnen in den Sozial- und Erziehungsberufen, für ihre Einsatzbereitschaft und die Fähigkeit, auch in schwierigen Situationen ihre Arbeit gut zu machen.

Er begrüßt deshalb die aktuellen Tarifverhandlungen für eine bessere Eingruppierung und Bezahlung der MitarbeiterInnen im Sozial- und Erziehungsdienst. Den kommunalen Arbeitgeberverband fordert er auf, im Interesse einer guten Personalausstattung die Sozial- und Erziehungsberufe aufzuwerten und die Arbeitsbedingungen entscheidend zu verbessern und setzt sich gegenüber Land und Bund für eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen, für Kindertagesstätten und andere Einrichtungen im Sozial- und Erziehungsdienst ein.

Der Bürgermeister berichtet dem Rat regelmäßig und zeitnah über seine Aktivitäten und die Entwicklung in der Tarifrunde. Er wird gebeten, in der nächsten Ratssitzung vorzutragen; für einen entsprechenden Ratsbeschluss wäre es dann – voraussichtlich - zu spät.

Begründung:

Allein in Paderborn sind gestern etwa 800 Beschäftigte in Sozial- und Erziehungsberufen (nach WDR-Angaben) demonstrierend auf die Straße gegangen, um ihre Wut und Enttäuschung zum Ausdruck zu bringen, dass die kommunalen Arbeitgebervertreter immer noch kein Verhandlungsangebot in der laufenden Tarifrunde vorgelegt haben. Das empfinden sie als Brüskierung und Abwertung ihrer Tätigkeit und ihres Engagements und sind offensichtlich entschlossen, ihren Ausstand fortzusetzen. Die unangenehmen Folgen, die die Kindergartenkinder und ihre Eltern zu tragen haben, sind ihrer Meinung nach vom hartnäckigen Arbeitgeberverband zu verantworten. Die Eltern wollen gute Erziehungs-Arbeit für ihre Kinder und unterstützen die Anliegen der Streikenden trotz der Folgeprobleme für die Familien.

Die Entgelttabelle für die Sozial- und Erziehungsdienste wurde zum Ende des Jahres 2014 gekündigt. Seit Mitte März finden die ersten Streiks statt. Ver.di und GEW verhandeln mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). Der neue Tarifvertrag wird dann primär für die kommunalen Beschäftigten im Bereich der Sozial- und Erziehungsdienste gelten (z.B. ErzieherInnen in Kitas, Schulsozialarbeiter, Heilpfleger/innen etc.), hat aber auch Auswirkungen für die Beschäftigten in freien und konfessionellen Einrichtungen, die deswegen auch den derzeitigen Ausstand mehrheitlich unterstützen.

Die Arbeitssituation in den sozialen und betreuenden Berufsfeldern ist besonders prekär. Die Gehälter sind niedrig, Verantwortung und Anforderungen dagegen besonders hoch – wie die Teilzeitquote. Oft lastet großer Druck auf den vornehmlich weiblichen Kolleginnen und Kollegen, der Verantwortung für die Betreuten gerecht zu werden. Eine gute Bezahlung verhindert Armut im Rentenbezug und das gilt wiederum besonders für Frauen. Es gäbe auch mehr Männer in den Berufen, wenn die Bezahlung besser und somit auch eine Familienplanung möglich wäre.

Die Bedeutung der Kindertagesstätten als Lernort und die Anforderungen an Qualität in den sozialen Berufen sind in den letzten Jahren enorm gewachsen. MitarbeiterInnen in Sozial- und Erziehungsberufen leisten eine wichtige und wertvolle Arbeit für die Gemeinschaft. Sie fördern ein gutes Aufwachsen und eine gute Entwicklung von Kindern, arbeiten in Behinderteneinrichtungen und den vielen Feldern der sozialen Arbeit.

Diese Arbeit, die oft genug von Frauen bewältigt wird, muss besser gewürdigt werden. Auch Salzkotten braucht gerade in den Kindertagesstätten mehr qualifizierte Kräfte und erwartet von den aktuellen Tarifauseinandersetzungen, dass es mit dem Ergebnis mehr ErzieherInnen möglich ist, im Beruf zu bleiben und neue Kräfte zu begeistern.

Gute Qualität und hohe Herausforderungen müssen entsprechend finanziert werden. Die Kommunen benötigen dazu mehr Unterstützung durch Bund und Land, um die Betreuungsschlüssel in den Kindertagesstätten und um Einrichtungen und Angebote der sozialen Arbeit in hoher Qualität zu erhalten.

Die kommunale Familie muss einen großen Teil der Kinderbetreuungskosten selbst zahlen, aber auch Eltern werden durch immer höhere Elternbeiträge belastet. Hier sind Bund und Land gefragt, Kommunen besser zu fördern und eine gute soziale Infrastruktur und Daseinsvorsorge zu garantieren. In den Ausbau einer öffentlichen Kinderbetreuung sollten die Steuergelder investiert werden, statt sie z.B. mit dem Betreuungsgeld zu vergeuden.


Mit freundlichen Grüßen

Dieter Bursch

Fraktionsvorsitzender DIE LINKE