Konsens ist Nonsens

Michael Otter, LV NRW

Der schulpolitische Konsens von SPD, CDU und Grünen ist ein fauler Kompromiss.

Die Gemeinschaftsschule heißt nun Sekundarschule und soll nun als 5. Schulform neben Hauptschule, Realschule, Gymnasium und Gesamtschule etabliert werden. Von der Sekundarschule soll es wiederum mehrere Unterarten geben. Das führt zu einer weiteren Zergliederung des Schulsystems. Nordrhein-Westfalen beschreitet damit einen völlig unsinnigen Sonderweg, während andere Bundesländer in den vergangenen Jahren die Zahl der Schulformen reduziert haben.

Hingegen lobten sich CDU, SPD und Grüne im Landtag gegenseitig für den ausgehandelten Kompromiss.

Doch die Debatte war geprägt von Sachunkenntnis der CDU und dem Einknicken von SPD und Grünen in einer zentralen Forderung der Kommunen.

Die Fraktionen von SPD und Grünen, welche die Landesregierung tragen, hoben die Verbesserungen gegenüber dem vorliegenden Gesetzesentwurf zur Gemeinschaftsschule hervor.

So wird aus der einstigen dreizügigen Gemeinschaftsschule eine Sekundarschule, die beide wie bisher keine Oberstufe erhalten.

Die Sekundarschule stellt damit eine „kleine Gesamtschule“ dar.

Mit Oberstufe wird aus der schon bisher vierzügigen Gemeinschaftsschule eine Gesamtschule.

Damit wird die Gesamtschule – gemäß der Forderung der LINKEN – mit der Gemeinschafts-/Sekundarschule gleichgestellt und erhält dieselben Rahmenbedingungen.

Die Klassengrößen werden – entsprechend unseres Antrages „Stufenplan Kleine Klassen“ – für alle Schulformen  gesenkt.

Letztlich verstümmeln SPD und Grüne die ursprüngliche Idee der Gemeinschaftsschule als Hofknicks für die CDU. Die Eltern benötigen mittlerweile, um sich in dem Schulformenurwald zurechtzufinden, ein Hochschulstudium.

Zur Verfassungsänderung äußerten sich SPD und Grüne nicht.

Im Gegensatz dazu hob die CDU in ihren Redebeiträgen ausschließlich auf die Verfassungsänderung ab.

Die auf der Bildungskonferenz kritisierte Hauptschulbestandsgarantie soll gestrichen werden und durch folgende Passage ersetzt werden:

"Das Land gewährleistet in allen Landesteilen ein ausreichendes und vielfältiges öffentliches Bildungs- und Schulwesen, das ein gegliedertes Schulsystem, integrierte Schulformen sowie andere Schulformen umfasst."

Während also bisher in allen Kommunen eine Hauptschule erreichbar vorgehalten werden musste, müssen nun alle Schulformen, das sind Gymnasium, Realschule, Hauptschule, Förderschule, Sekundarschule, Gesamtschule und Berufskolleg, vorgehalten werden.

Dabei bestand die Kritik der Kommunen auf der Bildungskonferenz insbesondere darin,  dass sie eine Schulform vorhalten sollen, wo keiner mehr hingehen will.

Daher empfahl die Bildungskonferenz, dass „der Verfassungswirklichkeit Rechnung zu tragen“ sei und „die institutionelle Gewährleistung der Volksschule gemäß Artikel 12 Absatz 1 Landesverfassung NRW zu überprüfen“ ist. Nein, um des schulpolitischen Friedens willen wurde eine Formulierung vorgeschlagen, die frei von praktischer Umsetzbarkeit dem erklärten Willen der Bildungskonferenz zuwiderläuft. Insofern garantiert die geplante Verfassungsänderung ein gegliedertes Schulsystem und konterkariert das angeblich fortschrittliche Schulgesetz. Das Recht der Kommunen selbst zu entscheiden, welche Schulform sie vor Ort anbieten, wird beschnitten. Dies feiert die CDU mit Recht als Erfolg. Die restriktive und dirigistische Schulpolitik unter Rüttgers wird nun mit Hilfe von SPD und Grünen mit dem sogenannten „Schulpolitischen Konsens“ weiterbetrieben. Wenn die CDU nicht mehr den Eltern vorschreiben kann, auf welche Schule deren Kinder zu gehen haben, dann schreibt man eben den Kommunen vor, welche Schulen sie einzurichten haben. Letztlich provoziert eine solche Verfassungsänderung Rechtsstreitigkeiten zwischen den Kommunen um Schulstandorte. Die bisherigen Reaktionen der Verbände beziehen sich ausschließlich auf die Änderungen im Schulgesetz. Die anstehenden Probleme der Verfassungsänderung wurden bisher von keinem Verband kommentiert. Wenn jedoch der Katzenjammer einsetzt, müssen sich die Qualität und die Tragfähigkeit des Konsenses erweisen. Ansonsten wird das, was nicht zusammenpasst, genauso schnell wieder auseinanderfliegen.