Detail Fraktion DIE LINKE/Piraten

Haushaltsrede 2014

Kreistagsfraktion DIE LINKE., Martina Schu

Die Linksfraktion im Kreistag lehnt den Haushalt 2014 ab, da dieser primär nur Sparziele verfolgt und wichtige und sozial erforderliche Ausgaben verhindert.

Haushaltsrede 2014

Sehr geehrter Herr Landrat, meine Damen und Herren,


kein Geld für Sozialticket, kein Geld für einen inklusiven Schulentwicklungsplan, kein Geld für einen offensiven Ausbau U3, kein Geld für ein fundiertes Bildungsberatungskonzept, keine Geld für eine wirtschaftliche Beteiligung am Carsharing, Männerberatungsstelle oder Pro Familia...


Aber 1,0 Millionen mit RWE Aktien verspielen.  Super!
Dabei hätte ein wenig Internet Recherche gereicht und alle Parteien hätten zu den gleichen Ergebnissen kommen können wie die LINKE – RWE Aktien müssen möglichst schnell verkauft werden.


Glauben Sie mir es tut manchmal verdammt weh Recht zu behalten!
Gut, auf der anderen Seite:  je höher die Summen, desto schneller und unkritischer oft die Abstimmungen.


Vielleicht fordert also Pro Familia einfach nur zu wenig Geld? Na, ja, dazu später.
Die Subventionierung für den Flughafen und für ein wie auch immer geartetes Drehkreuz ist jedenfalls erneut mit 500,000 € unter Dach und Fach - mit Sperrvermerk! Scheinbar die schärfste Waffe des Kreistages.


Mittlerweile liegen hier also 1,0 Millionen € fest. Hinzu kommen noch 50.000 € für den Wirtschaftsfond der Universität. Nicht, dass wir nicht gerne Geld für Bildung oder Bildungseinrichtungen ausgeben würden.


Mit uns jederzeit! Schön wäre aber doch, ein Konzept zu haben und die Uni in dieses Konzept, meinetwegen dann auch mit 50,000€, einzubinden.


Erfreulich hingegen, das der Prüfauftrag der LINKEN zum Thema Carsharing so schnell und so einmütig befürwortet wurde, aber meine Damen und Herren, Carsharing ergänzt einen innovativen und bürgernahen ÖPNV, Carsharing ersetzt keinen schlechten oder unzureichenden ÖPNV.


Ein, in die Zukunft gerichtetes Mobilitätskonzept ist also unverzichtbar. Dafür muss Geld bereitgestellt werden!


Ich will ja nicht meckern, immerhin sind unser Anträge bzw. Prüfaufträge für ein Mobilitätskonzept und Carsharing Recht wohlwollend aufgenommen worden, immerhin ein zartes Pflänzchen. Aber es bleibt doch auch immer der Eindruck von etwas blutleerem Engagement.


Wo bleibt die Begeisterung, warum nicht mal andere, vergleichbare Städte besuchen und sich die „ökologische und mobile Region“ auf die Fahnen schreiben?
Wie viel leichter würde es uns fallen,  Anforderungen an ein wirklich fortschrittliches und durchdachtes Konzept zu formulieren und uns nicht nur in die Hände von Gutachtern zu begeben oder mit halbherzigen Engagement zu agieren.
Nach dem Motto „das Thema muss besetzt werden, weil wir dazu etwas im Klimaschutzkonzept stehen haben“. Eine lästige Pflichtaufgabe.


Die Vision einer „ökologischen und mobilen Region“ kostet Geld, genau wie der Flughafen Paderborn/Lippstadt viel Geld kostet. Die Vision einer „ökologischen und mobilen Region“, würde sie umgesetzt, nutzt ca. 300.000 Bürgerinnen und Bürgern; sie wäre ein nicht zu unterschätzende Standortfaktor. Können wir Gleiches wirklich über den Flughafen sagen? Die heimische Wirtschaft scheint den Flughafen jedenfalls schon abgeschrieben zu haben, davon müssen wir bei gerade mal 20% Geschäftsreisen wohl ausgehen.


Ich persönlich sehe es eher pragmatisch: Ich werde mich nicht länger gegen die Subventionierung des Flughafens wehren, möglicherweise sogar Anträgen zustimmen, wenn..., ja wenn, wir den ÖPNV,  und die Vision einer „ökologischen und mobilen Region“ zukünftig in gleicher Weise wie den Flughafen unterstützen und subventionieren.


Meine Damen und Herren, vor allem von der CDU, stellen Sie sich doch mal vor, wie sie dann mit ganz leichtem Herzen auch unserem Antrag auf die Einführung eines Sozialtickets zustimmen könnten! Wird ihnen da nicht ganz warm ums Herz? Schließlich ist der Kreishaushalt ja auch immer etwas wie eine Bescherung zur Weihnachtszeit.


Aber wahrscheinlich werden Sie sich damit genauso schwer tun, wie mit der Einrichtung einer allgemeinen Bildungsberatungsstelle, die  von der LINKEN Fraktion in Erweiterung des Antrages von B90/Grüne beantragt worden ist. Meinetwegen in einem ersten Schritt eine Beratungsstelle zu Fragen der INKLUSION, besetzt mit professionellem und festangestelltem Personal.


Wie schön wäre es doch, einmal in Sachen Bildung etwas offensiv und streitbar in die Hand zu nehmen und nicht alles in geheimen Zirkeln um das Bildungsbüro herum auszuhandeln  oder in bis zur völligen Unverbindlichkeit zu Tode moderierten Massenveranstaltungen versanden zu lassen. Wie zuletzt in Büren geschehen. Die LINKE Kreistagsfraktion fordert eine ehrliche Bestandsaufnahme der Ist-Situation und die Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger und des pädagogischen Personals. Inklusion ist eine großartige gesamtgesellschaftliche Aufgabe, für die wir Geld bereitstellen müssen, um den künftigen Herausforderungen der Bildungsentwicklung gerecht zu werden. Deutschland hat die UN-Menschenrechtkonvention ratifiziert, nun ist es an uns, die Umsetzung in die Wege zu leiten – beginnend mit einer ehrlichen und umfassenden Bestandsaufnahme statt  mit beschwörenden Leitsätzen.
Bevor ich jetzt zu den Themen komme, die mich wirklich wütend machen, gibt es frei nach dem Motto Zuckerbrot und Peitsche, zunächst mal Zuckerbrot.


Wir unterstützen als LINKE Kreistagsfraktion ausdrücklich den Antrag von der hiesigen großen Koalition, ein Schadstoffkataster zu erstellen. Sollte die Senne weiterhin als Truppenübungsplatz genutzt werden, wird es später keinerlei Möglichkeit mehr geben, die Briten in die Verantwortung zu nehmen für die von ihnen verursachten Schäden. Die Erstellung des Schadstoffkatasters könnte außerdem eine Beschäftigungsmöglichkeit für die Zivilbeschäftigten der Britischen Armee sein. Die ersten Kündigungen sind bereits im Herbst 2016 durch die Übergabe der Alanbrook Kaserne an die Stadt Paderborn zu erwarten. Ganz wichtig aus unserer Sicht: Der Konversionsprozess muss unter höchstmöglicher Bürgerbeteiligung stattfinden. Dieser Prozess muss vom Kreistag bzw. einer eingesetzten Arbeitsgruppe endlich organisiert und koordiniert werden. Hier ist schon viel zu viel Zeit vertan worden!

Nun die Peitsche:


Keine Aussetzung der Umzugsauforderungen bis zur endgültigen Fertigstellung des Gutachtens zur „Bestimmung sozialhilferechtlich angemessener Kosten der Unterkunft“. Höre ich da recht? Herr Landrat ist  das wirklich ihr letztes Wort?
Wie zynisch ist das denn? Kennen sie die derzeitige Wohn- und Mietsituation in Paderborn?  Können sie sich ansatzweise vorstellen, was es für Menschen bedeutet, in einer sowieso schon sehr schwierigen Lebenssituation auch noch die Aufforderung zu bekommen umzuziehen? Mit all den Begleiterscheinungen: Kinder müssen möglicherweise die Schule wechseln, verlassen das gewohnte Umfeld, alle leiden unter dem ständigen Druck, weil keine geeigneten Wohnungen auf dem Markt angeboten werden usw...


Spätestens jetzt, wo das Gutachten kurz vor der Fertigstellung steht, muss es doch möglich sein, auf Umzugsaufforderungen zu verzichten.


Betroffene auf Klage- und Widerspruchsverfahren hinzuweisen ist ein Witz, die Verfahrensdauer liegt zur Zeit bei mindestens einem Jahr. Unmenschlich und unsozial!


Und dann wäre da noch das ewige Drama: Pro Familia


Es ist kaum zu glauben, da haben wir eine kompetente, überkonfessionelle Beratungsstelle in Paderborn. Nehmen fleißig ihre Dienst in Anspruch, aber jedes Jahr wird eine Unterstützung abgelehnt. Es ist beschämend, Pro Familia ist als einzige Beratungsstelle auch im Kreisgebiet unterwegs, sie haben als einzige Beratungsstelle immer ein Mann/Frau Team und arbeiten als einzige mit Menschen  mit einem Handicap zusammen, gehen z.B. auch in Förderschulen.


Pro Familia ist mit Schulbesuchen immer voll ausgebucht und steigert die Zahlen von Jahr zu Jahr. Es ist unfassbar, dass Pro Familia auch in diesem Jahr keinen Zuschuss erhalten soll.


Meine Damen und Herren von der CDU, haben sie Angst vor den Betonköpfen in ihrer Partei? Viele Köche verderben den Brei, bei Ihnen schafft es einer!
Denn an der beantragten Summe von 5000 €, kann es nun wahrlich nicht liegen.
Meine Damen und Herren, wir werden dem Haushalt nicht zustimmen: zu viel Sparen und Knausern im sozialen und kulturellen Bereich, zu viel bedenkenlose Spendierlaune, wenn es um Großprojekte geht und um sogenannte Wirtschaftsförderung nach dem Gießkannenprinzip.

Ich danke für die Aufmerksamkeit

Martina Schu
Fraktionsvorsitzende DIE LINKE